Blick hinter die Kulissen:
Zu Besuch beim KiteLoft in Köln.
Grob und fein liegen im Nordwesten Kölns im Butzweilerhof nah beieinander. Hier, wo vor knapp 100 Jahren die ersten Passagiermaschinen Richtung Paris und Berlin abhoben, ist in den letzten Jahren ein Viertel mit einem ganz eigenen Charme entstanden. Ursprünglich sollte das 55 Hektar große Areal als reines Gewerbe- und Mediaareal genutzt werden. Doch dann wurde der Plan geändert. Das neue Ziel: ein Quartier mit Wohnungen, Gewerbe- und Büro-Immobilien, Bildungseinrichtungen sowie öffentlichen Grünflächen mit vielfältigen Spiel- und Bewegungs-Angeboten. Und so gesellten sich zu den großen Gebäuden von Logistikern und Medienunternehmen liebevoll gestaltete Grünanlagen, gut durchdachte Begegnungsstätten und Wohnräume mit viel Raum für Lebensqualität. Mittendrin in diesem modernen Arrangement entsteht ein Gebäude, das ebenfalls mit interessanten Gegensätzen aufwartet. Ein Rohbau, der grob anmutet, aber vor allem im Detail überzeugt: das KiteLoft.
Fassade im Fokus
Schon beim Gang Richtung Baustelle verdeutlichen Lkw und Kran mit ihren schweren Betonbauteilen, dass es sich beim KiteLoft noch um einen Rohbau handelt. Doch kommt man dem Gebäude näher, erahnt man schnell, dass dieser Rohbau einen genaueren Blick wert ist. Direkt hinter dem Gerüst verbirgt sich bereits die charakteristisch ebenmäßige Oberfläche der Fassadenelemente, die dem Gebäude am Ende seinen Charme verleihen sollen.
Insgesamt circa 350 Vollfertigteile inklusive Dämmung und Innenwand sind auf den fünf Stockwerken in exaktem Abstand von 30 mm angebracht worden. Und weil die Elemente außen schon die endgültige Fassade bilden, ist beim Montieren entsprechend Fingerspitzengefühl gefordert. „Nicht nur das Fugenmaß zwischen den Elementen muss genau passen, auch die Oberfläche muss äußerst sorgsam behandelt werden, damit es keine Macken und Kratzer in der Fassade gibt“, so Philip, Bereichsleiter Bau bei LIST Bau Bielefeld. Bei der Oberfläche des Verbund-Fertigteils handelt es sich um ein Betongemisch mit besonderem Gesteinszuschlag aus Odenwälder Granit. Ebenfalls speziell und individuell. Denn: „Eine solche Oberfläche lässt sich in dieser Form vor Ort nicht realisieren“, berichtet Philip.
Die Fuge muss genau passen.
Während im vierten Geschoss auf der Baustelle von Philip und seinem Team noch die Betonträger für die Decken per Kran an die richtige Stelle befördert werden, werden in den unteren Geschossen schon die exakt 30 mm breiten Fugen zwischen den Fassadenelementen mit Dichtmaterial versehen und für die endgültige Optik akkurat besandet. Auch die ersten Fensterelemente, ebenfalls in großen Mengen in einheitlichem Maß geplant, werden in den unteren Stockwerken bereits eingebaut und abgedichtet. Noch offensichtlicher wird der Gegensatz zwischen grob und fein im Treppenhaus des KiteLofts.
Auch wenn das Treppenhaus durch Baumaterial, Werkzeug und das Geländer aus rot gefärbtem Holz inklusive montierter Baubeleuchtung noch sehr „roh“ anmutet, ist unter dem Fließschutz auf den Treppenstufen die glatte Oberfläche der Stufen zu erahnen. Der Grund für den Schutz: Sämtliche Elemente des Treppenhauses wurden ebenfalls komplett vorgefertigt und bekommen auf den Stufen selbst keine zusätzliche Beschichtung mehr. Umso mehr müssen die Bauarbeiter:innen in den nächsten Monaten auf den Schutz des Betons achten. Denn bevor sie das erste Mal im Büroalltag genutzt werden, gehen noch viele dreckige Schuhe die Stufen hinauf und hinunter.
Und auch die Deckenelemente auf den Etagen, die Stockwerk für Stockwerk per Kran herangeschafft werden, müssen von unten möglichst unbeschadet und sauber bleiben. Denn auch bei ihnen handelt es sich um Sicht-Elemente, die nach unten nicht mehr verkleidet werden. „Die Betondecken sollen am Ende den Charme des Gebäudes unterstreichen. Offen und echt soll das Ganze wirken.“ All das macht deutlich, dass die Anzahl der Rohbauteile, die später sichtbar bleiben, im KiteLoft besonders groß ist. Und genau das macht die Baustelle zu einer ganz besonderen.
Viel Planung vorab.
Vor Ort muss also alles genau passen. Dafür wurde unter anderem im Vorfeld schon gesorgt. „Bei der intelligenten Modulbauweise mit einer Vielzahl von Fertigteilen ist der Planungsaufwand enorm hoch“, geht Philip weiter ins Detail. „Denn im Vergleich zu konventionellen Bauweisen kann hier vor Ort nur noch wenig angepasst werden. Alles muss vorher auf den Millimeter genau geplant und entsprechend umgesetzt werden.“ Und der hohe Anspruch an die Ausführungsdetails setzt sich im Ausbau fort. So ist beispielsweise das Fliesenbild für die Sanitärbereiche genau festgelegt. „Da gibt es quasi keinen Spielraum mehr!“
Und dazu müssen eben die Wände genau so aufgestellt sein, dass die festgelegte Anzahl an Fliesen mit dem entsprechend vorgegebenen Fugenmaß genau hineinpasst. Das Schneiden von Fliesen ist keine Option. Und genau diese Herangehensweise erfordert ein hohes Maß an Planung, aber eben auch an Disziplin und Genauigkeit vor Ort. Das ist der Grund dafür, dass von vielen Teilen, insbesondere von den Betonfertigteilen und Fensterelementen, vorab Muster in Originalgröße zur Freigabe angefertigt wurden. So wird das Risiko minimiert, dass gewisse Teile doch nicht passen oder Abweichungen für Probleme sorgen.
Anspruch und Detailverliebtheit.
Insgesamt ist das Projekt auf dem Grund des ehemaligen Flughafens für Philip und sein Team sehr anspruchsvoll – gerade im Vorfeld. „Wir haben mit den ersten Planungen für das Projekt zwei Jahre vor Baubeginn angefangen. Das ist schon ein sehr langer Zeitraum.“ Genau genommen muss schon Monate vor der Montage alles perfekt vorbereitet sein. Und wenn in der Planung und in der Vorproduktion alles richtig gemacht wurde, ist vor Ort deutlich weniger Detailarbeit notwendig.
Zum Beispiel entfällt auch die klassische Arbeit der Fassadenbauer, die auf anderen Baustellen für die äußere Hülle sorgen. Auch in Summe fallen bei Bauten wie dem KiteLoft weniger Arbeiten vor Ort an. „Dadurch können sich die Arbeiter:innen auf der Baustelle noch mehr auf ihre eigenen Details am Bau konzentrieren. Das steigert das Qualitätsniveau enorm“, ist sich Philip sicher. Und er ergänzt: „Die Baustelle kann zudem vor Ort viel schneller realisiert werden. Einfach, weil viel vorab festgelegt und viel vorproduziert wird.“ Auch deshalb trägt diese Art des Bauens ihren Namen aus seiner Sicht völlig zu Recht: „Intelligente Modulbauweise. Genau darum geht’s!“
Über das Projekt.
Im Auftrag der Landmarken AG errichtet LIST Bau Bielefeld am Butzweilerhof in Köln das KiteLoft. Das TGA-Konzept hat LIST Ingenieure entwickelt – angestrebt werden eine DGNB-Gold-Zertifizierung und ein sehr effizienter Gebäudebetrieb. Auf rund 6.000 Quadratmetern entstehen individuell planbare Arbeitswelten, ein Café und eine Dachterrasse mit Blick auf die Kölner Skyline. Das Gebäude vervollständigt als letzter Baustein den Kite Campus am Butzweilerhof. Die Fertigstellung ist für den Sommer 2023 geplant.
Für die Entwicklung des KiteLofts hat Landmarken weitere renommierte Partner an Bord geholt: Die Architektur stammt wie beim benachbarten kite von HPP Architekten, das Interior Design steuert der Deutschamerikaner Matthias Hollwich bei, Gründer des New Yorker Büros HWKN. Die Projektsteuerung übernimmt BMP Baumanagement. Das KiteLoft ist das erste Gebäude, in dem das neue Bürokonzept Spirit Offices realisiert wird, das die Landmarken AG gemeinsam mit Matthias Hollwich entwickelt hat.